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Jetzt wollen wir es aber genau wissen und fragen nach |
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- Geschrieben von Ralle
- Kategorie: Kölner Abend Interviews
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Koelnerabend.de: In der Karnevalszeit habt Ihr jeden Abend mehrere Auftritte. Sind die Lieder dann immer identisch? Und wird Euch ein Lied wie z.B. „In unserem Veedel“ nicht irgendwann langweilig?
Bläck Fööss: Wenn Du gerne Haxn oder Erbsensuppe isst und Du musst das aber jeden Abend essen, dann wird es natürlich ein bisschen langweilig. Aber wir spielen die Lieder ja nicht für uns, sondern immer für andere Leute. Und wenn Du merkst, dass die Leute an dem Lied immer wieder Spaß haben, dann macht es uns auch Spaß. Und gestern Abend im Max & Moritz (Anmerkung koelnerabend.de: 07.05.) mit dem Kinderchor – da bekommt das Lied direkt eine andere Qualität. Und gerade „In unserem Veedel“ wird, wenn wir auswärtig spielen wie hier in München, von den Leuten geliebt. Daher spielen wir das immer wieder gerne. Aber klar – die Masse der Auftritte im Karneval zermürbt einen. Aber im Karneval haben wir - um es mit dem Fußball zu vergleichen - eine Stammmannschaft und Auswechselspieler. Und je nachdem wo wir sind, wechseln wir aus. Es sei denn, wir spielen im ganz kleinen Kreis wie z.B. in Kirchen. Dann machen wir ein ganz anderes Programm. Aber der Karneval tendiert ja immer mehr in Richtung Party. Die Leute sind kaum noch bereit sich was in Ruhe anzuhören. Da muss dann direkt die Post abgehen.
Koelnerabend.de: Ist denn der heutige Karneval überhaupt noch mit dem Karneval aus den 70er Jahren zu vergleichen?
Bläck Fööss: Kaum noch. Nur noch in Spurenelementen. Als wir in den 70er Jahren anfingen, haben wir den Karneval musikalisch bereichert. Bis zu diesem Zeitpunkt erstickte der Karneval in gewisser Weise auch an den vielen einfältigen Liedern. Die hatten kaum noch Inhalte. Und dann kamen wir. Wir waren ja blutjung, so um die zwanzig. Mit Liedern wie „Drink doch eine met“, „In unserem Veedel“ und „Mer losse d´r Dom en Kölle“. Das war damals eine Sensation. Damit hat der Karneval wieder einen neuen Aufschwung erlebt. Wir haben Aufnahmen von 1975, die habe ich mir letztens erst wieder angesehen, da sitzen die Leute nur herum und - wenn Du Glück hattest - standen am Ende mal einige von denen auf. Das war es dann. Mit uns ist das völlig umgekippt. Der Karneval hat sich aber natürlich auch durch den technischen Fortschritt entwickelt. Damals gab es noch keine vernünftigen Musikanlagen. Da mussten die Leute schon ruhiger sein. Sonst hättest Du gar nichts mitbekommen. Heutzutage hat jeder Saal eine super Anlage.
Koelnerabend.de: Das Publikum beim Sitzungskarneval war – aus unserer Sicht – schon immer eher etwas älter. Hat sich in dieser Beziehung die letzten Jahre etwas geändert? Oder vertun wir uns da nur? Ist das Publikum gar nicht so alt?
Bläck Fööss: Es gibt auch sehr viele Jugendveranstaltungen. Da gehen sehr viele junge Leute hin. Und auch Karnevalspartys wie in der Halle Tor 2.
Koelnerabend.de: Mittwochs vor Weiberfastnacht?
Bläck Fööss: Genau. Das sind dann aber keine Sitzungen. Aber auch die Sitzungen sind ja immer noch gut besucht. Nur die Qualität der Programme lässt stark nach. Die Büttenredner werden ja immer weniger und auch schlechter. Der ganze Sitzungskarneval ändert sich eigentlich. Die Sitzungen werden kürzer. Man geht dazu über, ein kompaktes Programm zu machen und anschließend ist dann noch Party.
Koelnerabend.de: Hängen die etwas rückläufigen Besucherzahlen vielleicht auch mit den doch eher hohen Eintrittspreisen zusammen? Wenn man sich die Sitzungen im Karneval im Fernsehen anschaut, da erkennt man teilweise schon freie Plätze.
Bläck Fööss: Die gehen raus ins Foyer saufen. Die interessiert das Programm einfach nicht mehr.
Koelnerabend.de: Das liegt aber vielleicht auch am Weinzwang im Saal. Dort bekommst Du oft nur Wein. Den musst Du dann flaschenweise für 40-50 Euro und noch mehr kaufen. Draußen im Foyer gibt’s wenigstens noch Kölsch.
Bläck Fööss: Der Sitzungskarneval war aber schon immer eher etwas für die älteren Leute. Die jungen Leute wollen tanzen und Party machen. Das typische Publikum beim Sitzungskarneval will einfach ausgehen und sich einen schönen Abend machen. Dann gönnen die sich halt auch mal eine Flasche Wein. Das war früher so und wird auch so bleiben. Das ändert sich nur, wenn das Programm abkackt. Da haben wir momentan die größte Sorge. Bei den Büttenrednern sind Marc Metzger und noch andere krank geworden. Die fehlen an allen Ecken und Enden.
Koelnerabend.de: Das Thema Frauenquote ist sehr aktuell. Wie sieht es denn im Karneval mit den Frauen auf der Bühne aus.
Bläck Fööss: Die gibt’s doch schon.
Koelnerabend.de: Aber die sind ja nicht sooo toll.
Bläck Fööss: Das stimmt. Es gibt ja Colör, die Cölln Girls und so. Aber nichts was mithalten könnte.
Koelnerabend.de: Immerhin gibt’s ja männlichen Nachwuchs wie Kasalla und die Klüngelköpp.
Bläck Fööss: Der Nachwuchs ist Gott sei Dank da. Da gibt’s auch noch Cat Ballou und andere. Aber da muss man mal abwarten wie die sich in den nächsten 2-3 Jahren entwickeln. Die müssen ihren Standard halten. Die haben es aber im Sitzungskarneval nicht leicht. In Kneipen und so kommen die super an. Aber im Sitzungskarneval sind die Leute andere Inhalte gewöhnt. Wenn die dann mit ihrer Partymusik auf die Bühne kommen, ist das schon schwierig. Das geht auch. Aber ist halt nicht so einfach. Aber wir sind optimistisch, dass es weitergeht. Irgendwann werden wir ja nicht mehr auftreten. Die anderen Gruppen sind auch schon älter. Die Höhner sind etwas jünger. Dann kommen Paveier, Räuber und Brings. Brings sind vielleicht 10 Jahre jünger. Aber die Allerfrischesten sind die auch nicht mehr. Es muss was von unten nachkommen. So im Alter von um die zwanzig herum. Wie wir damals.
Koelnerabend.de: Da sind wir auch direkt beim Thema. Die Frage wollten wir nicht direkt am Anfang stellen. Die hört Ihr bestimmt jedes Mal. Wie geht’s denn weiter?
Bläck Fööss: Stimmt. Das werden wir immer gefragt. So lange wir gesund bleiben, geistig frisch sind und uns kreativ noch etwas einfällt, denken wir nicht ans aufhören.
Koelnerabend.de: Aber habt Ihr Euch denn schon mal Gedanken gemacht. Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten. Neue Leute eingliedern, damit der Name Bläck Fööss weiterhin besteht.
Bläck Fööss: Ja und nein. Da war ja vor Weihnachten so eine idiotische Schlagzeile im Express. Ich hätte dem Typen in die Eier getreten, wenn ich ihn getroffen hätte.
Koelnerabend.de: Schreibt der denn noch für den Express?
Bläck Fööss: Der schreibt leider immer noch. Angeblich hätte er aus zuverlässiger Quelle erfahren, dass Peter, Eric und Hartmut bald aufhören würden.
Koelnerabend.de: Habt Ihr denn in dem Moment gedacht: Weiß der irgendwas, was wir noch nicht wissen?
Bläck Fööss: Nein. Bei uns hat noch niemand einen konkreten Ausstiegstermin genannt. Punkt. Natürlich haben wir darüber gesprochen. Aber wie gesagt: So lange wir uns fit fühlen machen wir weiter. Und wenn sich irgendwann jemand nicht mehr fit fühlt, dann muss man schauen, ob man jemanden austauschen kann oder ob das nicht möglich ist. Das ist ganz klar. Aber das drei Mann auf einen Schlag aufhören, das ist doch kompletter Schwachsinn. Das ist so ein Unsinn.
Koelnerabend.de: Aber wie ist es denn, wenn wirklich mal jemand aufhören möchte. Wie sieht es denn da mit dem Namen Bläck Fööss aus. Gehört dieser Name bestimmten Personen? Wenn Du also mal denkst „Die Anderen nerven mich gerade. Ich mache jetzt meine eigenen Bläck Fööss.“. Könntest Du (Anmerkung koelnerabend.de: Bömmel Lückerath) dann alleine weitermachen und den Namen Bläck Fööss nutzen?
Bläck Fööss: Ne. Es gibt keine Anteile. Der Name ist als Gruppe geschützt. Das müsste mehrheitlich entschieden werden. Da haben wir noch gar nicht drüber nachgedacht. Ich könnte jetzt nicht gehen und eine neue Gruppe unter dem Namen aufmachen.
Koelnerabend.de: Jetzt haben wir Dich auf eine Idee gebracht. Aber macht Ihr denn neben den Bläck Fööss auch noch eigene Projekte?
Bläck Fööss: Kafi und ich (Anmerkung koelnerabend.de: Bömmel Lückerath) haben noch Schulprojekte und arbeiten mit Kindern zusammen. Das ist praktisch unser musikalisches Hobby nebenbei. Viel mehr nicht. Also wir haben keine alternativen Projekte neben den Bläck Fööss.
Koelnerabend.de: Möchtet Ihr denn noch an bestimmten Orten gerne auftreten. Wie wäre es z.B. mit dem Oktoberfest?
Bläck Fööss: Ne. Um Gottes willen.
Koelnerabend.de: Die Höhner waren ja mal im Musikantenstadl…
Bläck Fööss: Ja. Da waren wir letztes Jahr auch mal. Nach langem, langem Weigern hat uns der Andi Borg überredet, beim Musikantenstadl in Krefeld aufzutreten. Der Andi Borg hat ja früher in Lohmar gelebt. Das ist ein Fan von uns. Aber unser Ziel ist es eigentlich eher noch einige schöne Liedchen zu schreiben. Es gibt nichts schlimmers, als wenn dir nichts mehr einfällt. Wenn du nur noch von altem Material lebst und damit dann auf die Bühne gehst. Da haben wir dann auch unseren Stolz.
Koelnerabend.de: Wie siehts bei Euch denn mit neuen CDs aus? Habt Ihr da immer einen bestimmten Termin als Vorgabe? Oder wenn Euch gerade nichts einfällt, dann sagt Ihr halt „Dann kommt die CD erst nächstes Jahr raus.“?
Bläck Fööss: Also wir streben an, nächstes Jahr eine CD zu machen.
Koelnerabend.de: Also Qualität steht bei Euch vor Quantität.
Bläck Fööss: Auf jeden Fall. Die Frage stellen wir uns immer wieder. Butter bei die Fische – ist jeder von uns überzeugt, dass das eine gute CD ist. Das die Lieder qualitativ zu vertreten sind. Wenn alle die Frage mit ja beantworten, dann geht’s los. Aber es wird immer schwieriger etwas Neues zu machen. Wir haben schon so viele Themen abgegrast.
Koelnerabend.de: Trefft Ihr Euch denn dafür immer noch auf Mallorca?
Bläck Fööss: Ja. Wir fliegen Mitte Mai wieder für 9 Tage nach Mallorca. Wir sitzen zusammen und saufen bis wir tot umfallen. Wir unterhalten uns viel und diskutieren, welche Themen für die Leute interessant sind. Was bewegt die Leute und würde sich für uns als Thema anbieten.
Koelnerabend.de: Woran arbeitet Ihr denn gerade. Könnt Ihr dazu was sagen?
Bläck Fööss: Ne. Dafür ist es noch zu früh. Was wir sagen können: Wir arbeiten gerade an einem Lied für die Kölner Lichter. Dort treten wir auch auf und wollen für diesen Anlass ein Lied machen. Wenn uns das gelingt, dann ist das eine schöne Sache.
Koelnerabend.de: Bei der Vorbereitung auf das Interview haben wir bei Google mal „Skandal Bläck Fööss“ eingetippt. Wisst Ihr was dabei herauskommt?
Bläck Fööss: Vermutlich „Am Arsch der Welt“.
Koelnerabend.de: Nein. Obwohl es auch etwas mit dem Arsch zu tun. Das Kackleed.
Bläck Fööss: Stimmt. In 40 Jahren hatten wir diese beiden Skandale…
Koelnerabend.de: Wie kommt man denn auf so ein Lied?
Bläck Fööss: Wir hatten schon immer Spaß daran an alten Liedern zu arbeiten. Das Kackleed ist ja viel älter als die Bläck Fööss. Das ist ja ein altes Volkslied. Das ist nicht von uns. Ist ja klar. Wir machen doch kein Lied übers kacken. Die Lieder waren früher auch viel volkstümlicher. Das ist ja auch ein sehr gesundes Lied. Irgendwann haben wir das ausgegraben und dann gespielt. Auch im Karneval. Da haben sich dann viele Leute empört. Scheiß Fäkalsprache und solche Sachen. Aber das war damals eine lustige Geschichte. Das haben wir im Gürzenich gespielt. Und während wir das Lied spielten kam der Oberbürgermeister rein und setzte sich an einen Tisch und bekam etwas zu essen. Als der Tommy Engel das mitbekan, fragte er: „Herr Oberbürgermeister. Sie haben gerade etwas zu essen bekommen. Wir würden jetzt gerne ein Lied spielen. Das Kackleed.“. Daraufhin der Oberbürgermeister:“ Spielt das ruhig.“. Der war locker. Das war der van Nes Ziegler. Später waren wir dann in einem anderen Saal. Da kam dann der Literat: „Ich habe nichts gegen das Lied. Aber spielt das bitte bei dem Auftritt nicht.“ Warum?“ „Weil der Domprobst anwesend ist“. Wir haben dann halt zugesagt, das Lied nicht zu spielen. Wir stehen also auf der Bühne und spielen unser Programm. Dann kommt wieder der Oberbürgermeister rein in diesen Saal, setzt sich in die erste Reihe und sagt in voller Lautstärke „Hier will ich das Kackleed aber auch hören!“ Daraufhin war natürlich klar, dass wir das Lied auch dort spielen mussten. Eine wahre Geschichte. Der Oberbürgermeister war wirklich lustig. Aber es haben sich natürlich immer viele Leute darüber aufgeregt. Das war dann eine rege Diskussion zwischen Kackbefürwortern und Kackgegnern. Aber das haben wir gut überstanden.
Koelnerabend.de: Wo wir gerade von lustig sprechen. Gibt’s denn eigentlich vom Publikum einen Unterschied, wenn Ihr zum Beispiel hier in München spielt? Die Meisten sind ja Exil-Rheinländer. Aber werden die Leute mit der Zeit vielleicht immer münchnerischer?
Bläck Fööss: Ne. Beim letzten Mal hier in München haben wir ganz am Anfang „In unserem Veedel“ gespielt. Da haben die Leute mitgesungen. Unglaublich. Und gestern im Max & Moritz beim Stammbaum haben auch die meisten Besucher mitgesungen. Da war auch ein Freund von uns im Publikum, der schon seit 30 Jahren in München lebt. Der meinte auch, dass er so etwas noch nicht erlebt hätte. Das war für uns ein tolles Erlebnis. Aber natürlich ist das Publikum immer etwas unterschiedlich. Aber meistens sind bei den Konzerten ja doch Exil-Rheinländer.
Koelnerabend.de: Einige Freunde vom Kölner Abend sind jedes Jahr bei Eurem Silvesterkonzert in der Kölnarena. Da sollten wir Euch unbedingt fragen, ob Ihr da schon Pläne bezüglich einem letzten Konzert habt. Oder ist es da wie mit der Band allgemein. D.h. wenn Ihr gesund seid, geht’s immer weiter.
Bläck Fööss: Das entscheiden wir jedes Jahr wieder neu. Das ist ja eine Veranstaltung der Arena. Wenn es sich gut verkauft, dann wird weiter gemacht. Für nächtes Jahr siehts mit dem Verkauf wohl auch schon wieder sehr gut aus.
Koelnerabend.de: Das mit dem Verkaufen ist ein gutes Stichwort. Wie läuft es denn mit den CD-Verkäufen. Die Zahlen sind ja überall unglaublich eingebrochen.
Bläck Fööss: Absolut.
Koelnerabend.de: Wollt Ihr mit den CDs dann „nur“ die Lieder bekannt machen oder sind die Umsätze für Euch auch finanziell noch relevant?
Bläck Fööss: Das ist wirklich dramatisch bei allen – bei uns natürlich auch – zurück gegangen. Trotzdem. Die Leute warten ja auch darauf. Und für uns ist es wichtig, um unsere Kreativität zu dokumentieren und damit auch den Leuten zu zeigen, dass uns noch etwas einfällt. Aber richtig fettes Geld verdienen können wir damit nicht mehr.
Koelnerabend.de: Eure erste Single wurde damals ja ca. 2.000 mal verkauft. Das war der Plattenfirma dann offensichtlich zu wenig und es gab anschließend eine Pause. Wenn heutzutage jemand neu anfängt und 2.000 CDs verkauft...
Bläck Fööss: …dann ist der sofort in den Charts.
Koelnerabend.de: Wir wollen auch nicht rumschleimen. Aber der Karneval ohne die Bläck Fööss ist für uns eigentlich unvorstellbar. Wenn die Paveier oder Räuber aufhören, na gut. Dann sind sie halt nicht mehr da. Aber die Fööss?
Bläck Fööss: Wenn jetzt natürlich die 4 Gründungsmitglieder aufhören, dann wird es die Bläck Fööss nicht mehr geben. Eigentlich haben wir noch 3 Gründungsmitglieder. Ich (Anmerkung koelnerabend.de: Bömmel Lückerath) kam ja erst kurze Zeit später dazu. Ein Gründungsmitglied kann man sicherlich noch ersetzten. Wenn zwei aufhören, dann wird es schon sehr schwierig. Gerade wenn ein Sänger aufhören sollte, dann wird es eng. Kafi oder Peter – das geht nicht so einfach.
Koelnerabend.de: Wir hatten gestern schon mal über Köln gesprochen. Politisch, sportlich, kulturell. Es gab schon bessere Zeiten,oder?
Bläck Fööss: Klar. Momentan ist Köln in einem Tal der Leiden. Im tiefsten Tal der Depression. Köln lebt eigentlich nur noch aus seinem eigenen Verständnis heraus. Der Humor, die Mentalität. Schön ist die Stadt nicht. Speziell die Innenstadt. Andere sind da viel korrekter und strebsamer. So sind aber die Kölner. Küste hück nit, küste morje. Da sind Städte wie Düsseldorf ganz anders.
Koelnerabend.de: In Düsseldorf gibt’s ja die Lachende Philippshalle. Da seid Ihr auch dabei.
Bläck Fööss: Genau. Und noch bei 2-3 anderen Veranstaltungen. Im Frühjahr sind wir dort auch immer in einem kleinen Theater. Praktisch vor Millowitsch. Da spielen wir immer ein ganz anderes Programm. Da haben wir viel Spaß. Die Leute dort freuen sich wie die Kinder.
Koelnerabend.de: Eine abschließende Frage. Ihr spielt heute vor 1.000 Besuchern in München in einer ausverkauften Halle. Ist das für Euch noch etwas besonderes?
Bläck Fööss: Auf jeden Fall. Vor 9 Jahren war ich mit meiner Frau (Anmerkung koelnerabend.de: Bömmels Frau) und ihrer Bloss mer jet un Bums Kapell hier. Da haben wir mit den Besuchern gemeinsam gesungen und Texthefte verteilt. Vor 4 Jahren haben wir vor 800 Leuten in der Freiheizhalle gespielt. Und heute 1.000 Besucher. Das ist schon großartig. Brings, Kasalla, Paveier, Klüngelköpp und so. Die waren alle schon hier. München gehört für die Kölner Gruppen schon dazu.
Koelnerabend.de: Trotzdem ist der heutige Abend ja nicht das größte Ereignis für Euch. Was war denn Euer größter Augenblick?
Bläck Fööss: Das waren für uns alle die Jubiläumskonzerte vor dem Kölner Dom. Die Location war klasse, das Wetter war klasse. Da passte einfach alles. 3 mal hintereinander ausverkauft. Wir mussten ja sogar den Montag dazu nehmen. Die Atmosphäre war einfach unglaublich.
Koelnerabend.de: Dann bedanken wir uns für die letzten 40 Jahre, für das sehr nette Interview und wünschen Euch für die Zukunft alles Gute!
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Koelnerabend.de: Vorgestern (Anmerkung: 18.10.2012) habt Ihr in Berlin gespielt. Wie war es denn?
Brings: Genau. 15 Jahre „Ständige Vertretung“. Das sind mittlerweile mehrere Kneipen. Gibt’s ja auch bei uns im Rheinland. Da haben wir gespielt. Es waren viele Rheinländer und Politiker da. Es war jetzt nicht unser Traumjob. Aber es war ein korrekter Job.
Koelnerabend.de: Und die Stimmung war trotz der vielen Politiker einigermaßen gut?
Brings: Die Stimmung war gut. Viele Politiker kommen ja aus dem Rheinland.
Koelnerabend.de: War die Veranstaltung denn ausverkauft?
Brings: Weiß ich jetzt gar nicht. Das waren so 600-700 geladene Gäste. Es wurden also gar keine Karten verkauft. Gestern (Anmerkung: 19.10.2012) haben wir in Stommeln gespielt. In einem ganz normalen Zelt für 1.000 Leute.
Koelnerabend.de: Wie findet Ihr das denn jetzt hier in München? 1.000 Leute. Ich weiß jetzt nicht, ob Ihr es gesehen habt. Vor 19 Uhr war draußen schon die Hölle los.
Brings: Das ist schon super.
Koelnerabend.de: Ist das denn jetzt für Euch etwas Besonderes. Über 1.000 Leute außerhalb von Köln. Oder sagt Ihr „Och Gott – das haben wir überall“? In Hamburg oder sonstwo.
Brings: Das haben wir jetzt nicht überall. Aber da wo wir die letzten Monate gespielt haben – so ca. 50 bis 100 km außerhalb von Köln – da waren schon immer so um die 700 Leute. Manchmal sogar über 1.000 Personen. Das kommt immer darauf an. Es gibt auch Gigs, da kommst Du rein und es sind über 3.000 Leute da.
Koelnerabend.de: Was sind das dann für Leute? Überwiegend Exil-Rheinländer oder auch „ganz normale“ Menschen?
Brings: Weiß ich jetzt gar nicht. Was sind das denn heute für Leute? Überwiegend Kölner?
Koelnerabend.de: Ein Großteil kommt schon aus dem Rheinland. Aber es sind auch viele Münchner in der Halle. Aber kommen wir mal zu Euren Liedern. In den letzten Jahren habt Ihr als Sessionslied ja oft einen alten Schlager ausgewählt. Das ist ja eher ungewöhnlich. Wie seid Ihr denn darauf gekommen? Habt Ihr ein Faible dafür?
Brings: Ne. Es gibt von uns von 900 Liedern nur zwei alte Schlager.
Koelnerabend.de: Diese habt Ihr dann aber als Sessionslied ausgewählt.
Brings: Das sind eigentlich nur „Man müsste nochmal zwanzig sein“ und „Nur nicht aus Liebe weinen“ gewesen. Das letzte Sessionslied war „Dat is geil“ aus unserem aktuellen Album. Und der letzte richtige Sessionshit – der auch immer noch ein Hit ist – war „Halleluja“. Da kommt gar nix von dem anderen Zeugs ran. Wir haben angefangen die alten Lieder zu übernehmen, als wir in den Karneval reingekommen sind. Wir haben gemerkt, dass viele ältere Leute zuerst mal Berührungsängste mit uns hatten. Und damit haben wir die gekriegt. Das war deren Musik aber halt in unserer Interpretation. Das war auch ein bisschen die Überlegung.
Koelnerabend.de: Wo wir gerade von früher reden. Ich habe Euch damals schon in Euskirchen oder irgendwo in einer Aula vor 200 Leuten gesehen. Da kenne ich ja noch die Diskussion. Die alten Brings waren eigentlich viel besser und die neuen Brings sind Mist. Andere finden die neuen Brings besser. Hat sich die Diskussion zwischenzeitlich gelegt oder gibt’s das Thema immer noch?
Brings: Mit einer Band ist das wie mit allem im Leben. Wenn Du so polarisierst ist das auch nicht verkehrt. Wenn dich von 10 Leuten 5 gut finden und 5 scheiße – dann bist du genau richtig. Du wirst immer Leute finden, die sagen „Hör auf mit dem hochdeutschen Scheiß, spiel endlich mal was ordentliches. Spielt mal „Bis ans Meer“.“ Da sag ich „Die Nummer ist doch auch hochdeutsch“. Da darfst Du gar nicht darauf hören. Wir haben auch oft Lust die alten Nummern zu spielen. Wenn wir Tour-Start haben, fangen wir immer mit 3-4 alten Nummern an. Da kommen nach dem Konzert die Leute und sagen „Hört doch auf die alte Scheiße zu spielen.“ Der überwiegende Teil möchte was Neues hören. Du kannst es nicht jedem recht machen. Als wir nur die alten Sachen gespielt haben, sind wir getingelt und haben vor 300-400 Leuten gespielt. Jetzt haben wir 4-5 Mal so viele. Ich glaube schon, dass der Switch richtig war, dass wir jetzt viel mehr Leute ansprechen.
Koelnerabend.de: Das habt Ihr jetzt bestimmt auch schon 1.000 Mal gehört. Aber habt Ihr den Wechsel freiwillig gemacht? Das hatte doch vermutlich – was ja verständlich ist – auch finanzielle Gründe. Habt Ihr dann gesagt „Jetzt machen wir den scheiß Karneval halt wegen der Kohle“ oder habt Ihr voll dahinter gestanden? Oder ist die Begeisterung für den Karneval erst mit der Zeit gekommen?
Brings: Man kann gar nichts nur wegen der Kohle machen. Wenn Du in den Karneval nur wegen der Kohle gehst, schmeißen die dich dort wieder raus. Die müssen dich ja auch haben wollen. Wir haben damals „Superjeilezick“ aufgenommen und „Superjeilezick“ war ein Hit in den Sälen bevor wir dort waren. Dann sind wir eingeladen worden und haben gespielt. Und so hat sich das dann in den Jahren entwickelt. Wir haben auch gesehen was im Karneval los ist und haben uns dementsprechend auf der Bühne verhalten. Anschließend haben wir den einen oder anderen Hit hinterher geschoben. Was eigentlich noch wichtiger ist. So wie wir uns dem Karneval angepasst haben, so hat sich – als wir dazugekommen sind – auch der Karneval uns angepasst. In den 10 Jahren wo wir dabei sind, hat sich der Karneval massiv geändert. Nicht nur durch uns. Aber wir haben schon Türen aufgestoßen für Leute, die vorher mit dem Karneval nichts zu tun haben wollten.
Koelnerabend.de: Wie seid Ihr denn generell im Karneval aufgenommen worden, als Ihr dazu gestoßen seid?
Brings: Nicht immer nur positiv. Die alteingesessenen Bands waren nicht unbedingt begeistert. Das ist ja immer so. Wenn jemand kommt und am Kuchen nagt. Du musst überlegen: Es gibt 4 Bands in Köln. Höhner, Bläck Fööss, Paveier und wir.
Koelnerabend.de: Und die Räuber…
Brings: Die Räuber existieren in der Stadt nicht. Und auch die Paveier spielen keine großen Konzerte. Das machen nur Höhner, Bläck Fööss und wir. Du hast also jahrelang keine Konkurrenz und dann kommen wir und haben einen Hit nach dem anderen. Da waren natürlich nicht alle froh darüber.
Koelnerabend.de: Hat sich die Einstellung Euch gegenüber geändert?
Brings: Ganz ehrlich? Deren Meinung interessiert uns nicht. Was sollen wir uns mit deren Meinung befassen? Wir müssen ja als Band schauen, dass wir weiterkommen. Wir haben unser Ding gemacht. Und die Vorstellung „Ich bin eine Rockband und gehe jetzt in den Karneval, weil ich Geld verdienen will“, die muss man sich komplett abschminken. Es gibt so viele – auch hochkarätige – Stars die versucht haben in den Karneval zu kommen und es nicht geschafft haben. Es funktioniert also mit irgendeiner Nummer oder weil Du die Mentalität verstehst und Kölsch bist. Du musst das auch irgendwie sein. Sonst funktioniert das nicht.
Koelnerabend.de: Die Höhner sind 2005 gemeinsam mit Funkenmariechen vom Kölner Abend im Wiesnzelt aufgetreten und haben „Viva Colonia“ gesungen. Dieses Jahr ist dann ja auch noch Campino im Zelt aufgetreten. Könntet Ihr Euch so etwas auch vorstellen?
Brings: Klar. Warum nicht?
Koelnerabend.de: Was habt Ihr denn insgesamt für Ambitionen? Gerade in Köln werdet Ihr ja praktisch – insbesondere von den Frauen – angebetet. Wollt Ihr jetzt auch bundesweit angreifen? Das will ja vermutlich jeder.
Brings: Wollen wir mal eines klarstellen. „Superjeilezick“ kennt man von der Waterkant bis in den Süden. Das ist ja bundesweit. Schon seit 10 Jahren! Wir sind eine Band mit kölschem Dialekt. Das jetzt ein Hamburger Probleme hat unsere Lieder zu verstehen, das liegt in der Natur der Sache. Die Deutschen sind es ja eh gewohnt Musik zu hören, die sie nicht verstehen. Englisch, Französisch oder so. Natürlich will irgendwie jeder auch anderswo Erfolg haben. Aber das ist nicht unser primäres Ziel. Wir wollen bei uns zu Hause Erfolg. Und wenn das zu Hause groß wird, dann geht das auch anderswo. Auf Skihütten, auf Mallorca und so. Also nicht durch Radio und Fernsehen, sondern durch die Partyschiene. Und so ist es bisher jedes Jahr mehr geworden. Du kannst eigentlich nichts anderes machen, als immer weiterspielen. Irgendwann hast Du dann nochmals eine Nummer wie „Superjeilezick“ oder auch nicht.
Koelnerabend.de: Ist „Superjeilezick“ jetzt eigentlich ein Original oder ein Cover? Da gibt es ja verschiedene Meinungen.
Brings: Es gibt immer wieder Leute, die behaupten das wäre ein Cover von „Those were the days“. Das ist es aber nicht. Das Lied ist von mir (Anmerkung: Peter Brings). Klingt ähnlich – ist aber nicht das gleiche. Es gibt ja z.B. auch ganz klare Statuten. Wenn mehr als zwei Takte identisch sind, ist es gecovert. Das ist bei diesem Lied nicht der Fall.
Koelnerabend.de: Habt Ihr denn auch schon ein neues Sessionslied?
Brings: Ja, das spielen wir dann auch gleich beim Konzert.
Koelnerabend.de: Und wie heißt der Song?
Brings: „Die Nacht ist nicht zum Schlafen da“.
Koelnerabend.de: Letztes Jahr habt Ihr das Album „Dat ist geil“ veröffentlicht. Kommt dieses Jahr wieder ein neues Album oder müssen wir noch warten?
Brings: Wir machen seit über 10 Jahren Weihnachtsshows. Fast unplugged. Und die haben wir von Anfang an aufgenommen. Daraus machen wir gerade ein Album, auch mit vielen alten Liedern aus unserem ersten Leben.
Koelnerabend.de: 2011 hattet Ihr ja Euer Jubiläum. Da sind wir aus München mit einem vollbesetzten Doppeldeckerbus angereist. Wir haben ja schon viel erlebt, aber das Wetter war so was von schlecht – das war schon der Wahnsinn. Ihr habt ja später gesagt, dass das Konzert trotzdem toll war. Aber ehrlich, an dem Tag müsst Ihr doch einen Vogel bekommen haben? Da freut Ihr Euch monatelang auf das Konzert und dann schüttet es wie aus Eimern.
Brings: Klar – in dem Augenblick war das nicht so toll. Dann hast du auch zuerst mal Schiss, ob die Leute Dir die Stange halten oder früher nach Hause gehen. Und das war der eigentliche Kick an dem Ganzen. Das war denen scheißegal. Im Gegenteil, das war richtig Rock ´n´ Roll. Alle waren nass, alle waren zufrieden. Wir haben den Leuten für kleine Kohle einen geilen Tag geboten. Wir haben bewiesen, dass man nicht 170 Euro für ein Konzert verlangen muss, wenn man den Hals nicht vollbekommt. Für uns war es ein super Geburtstag und ein unvergessliches Erlebnis. Für viele Leute auch unvergesslich – halt auch wegen dem Regen. Und so voll war das Stadion noch nie. Alle Karten weg und auch die VIP-Plätze komplett ausverkauft. Das hat es bisher nicht mal beim FC gegeben.
Koelnerabend.de: Habt Ihr die VIP-Karten denn auch günstiger angeboten?
Brings: Wir haben wie Robin Hood gehandelt. Von den Reichen nehmen und den Armen geben. Wobei – so war es ja auch nicht ganz. Das VIP-Ticket hat mit Essen, Trinken und Aftershow-Party 140 Euro gekostet. Dafür bekommst Du ansonsten gerade mal ein Innenraumticket.
Koelnerabend.de: Hätten wir das mal vorher gewusst. Die 140 Euro hätten wir locker wieder rein getrunken, das hätte sich für uns ja gerechnet.
Brings: Die hättet Ihr locker wieder rein getrunken. Und vor allem: Ihr hättet nirgendwo hingehen müssen. Die standen um Euch herum und Ihr hättet nur trinken müssen. Das war Vollbedienung. Auch mit dem Essen.
Koelnerabend.de: Mal was politisches. Demnächst findet ja wieder „Arsch Huh“ statt. Da seid Ihr auch dabei?
Brings: Da machen wir mit. Wir waren auch schon 1992 beim ersten Mal dabei. Das war ganz am Anfang von Brings. Da ist die Band zum ersten Mal so richtig wahrgenommen worden. In der Woche danach haben wir 20.000 Platten verkauft. Dieses Mal geht’s ja gegen soziale Ungerechtigkeit in der Stadt. Da fühlen sich bestimmt viele Kölner angesprochen.
Koelnerabend.de: Damals wurde ja von allen beteiligten Künstlern ein gemeinsames Lied gesungen. Ist so ein Lied auch in diesem Jahr geplant?
Brings: Ja, wir haben den „Stammbaum“ von den Bläck Fööss nochmals aufgenommen.
Koelnerabend.de: Wenn wir daran denken haben wir ja jetzt schon „Pipi in den Augen“. Wann findet Arsch Huh denn statt?
Brings: Am 09.11.2012, zum Gedenken an die Reichskristallnacht.
Koelnerabend.de: Dann wollen wir Euch auch nicht länger aufhalten. Draußen warten schließlich 1.000 Leute auf Euch. Vielen Dank für das sehr nette Interview und weiterhin viel Erfolg. Und jetzt lasst es krachen….